Brief an die Justizministerin |
An das Frau Mohrenstr. 37
vor dem Gesetz sind alle gleich, heißt es im Grundgesetz. Vergleiche ich jedoch verschiedene Gerichtsurteile bewahrheitet sich gar zu oft des Volksmunds Weisheit, der da sagt: Die Kleinen hängt man, und die Großen läßt man laufen. Dazu einige Ausführungen: Dies war dann wohl auch der Präzedenzfall für den Juristen Zimmermann, der des Meineids angeklagt war. Er und seine Verteidiger erzählten dem Gericht, daß er zur Tatzeit nicht wußte, was er getan. Auch in diesem Fall akzeptierte das Gericht die Begründung der Verteidigung und sprach ihn frei. Er durfte unbescholten den Gerichtssaal verlassen. Nun, der Prozeß hat ihm in der folgenden Zeit zwar den Spitznamen 'Old Schwurhand' eingebracht, seiner zukünftigen politischen Laufbahn hat der 'Jagdschein', wie der Volksmund diese Beurteilung durch das Gericht nennt, nicht geschadet, er wurde Innenminister. Fortan sprach die Presse von einem 'Blackout'. Das klang besser und war nichtssagender. Wahrscheinlich wäre es ungebührlich gewesen, so man einen Verantwortung tragenden Minister mit klaren deutschen Worten an seine Vergangenheit erinnert hätte. Verständlich, daß sich Exkanzler Kohl dann in der Spendenaffäre, nachdem er durch sein Drehen und Leugnen sich selbst und den Rechtsstaat lächerlich gemacht hatte, ungestraft auf einen Blackout berufen konnte. Das war eine standesgemäße Begründung, die der Untersuchungsausschuß gelten lassen mußte. Zum Vergleich, sehr geehrte Frau Zypries, stellen Sie sich doch bitte vor, die geschändete Hausangestellte hätte in verständlicher Wut bei einer günstigen Gelegenheit den Millionärssohn ins Jenseits befördert. Kaum zu glauben, daß sie ungeschoren davon gekommen wäre. Oder noch brisanter: Die Anwälte Schily und Strobel hätten bei der Verteidigung eines Mitglieds der Baader - Meinhof - Gruppe auf geistige Umnachttung ihrer Mandanten zur Tatzeit plädiert. Jeder Richter hätte dies Argument schneller vom Tisch gefegt, als die Anwälte es hätten aussprechen können. Die Balkenüberschriften der Bildzeitung - nicht auszudenken. Sie sehen, wertet man die Praxis der Justiz, können viele Urteile nicht nebeneinander vor dem Grundgesetz bestehen. Auch bei Strafprozessen vor den Landgerichten kann man immer wieder beobachten, daß Betrügereien im allgemeinen streng geahndet werden, die einen wohlhabenden Bürger schädigen. Betrügt ein Geschäftsmann jedoch seine Kunden, oder gar seine Beschäftigten um ihren Lohn, so ist er selten greif- und angreifbar. Kommt es aber doch zur Anklage, so werden seine Anwälte das Kind schon schaukeln. Gelingt es den Persilwäschern dann nicht die Weste ihres Mandanten fleckenrein zu waschen, kommt selten mehr als eine Geld- und Bewährungsstrafe dabei heraus. Viele Prozesse wurden auch gezielt verschleppt, daß sie eingestellt werden mußten. Manchmal scheint es auch, daß der Gesetzgeber bewußt die Schlupflöcher für die Großverdiener geöffnet hält, die Millionen per Beschluß auf das eigene Konto überweisen, wie der Prozeß gegen Ackermann und Gleichgesinnte gezeigt hat. Daß auf dem Gebiet der Abfindungen und Zuwendungen, die Aufsichtsräte sich selbst genehmigen, gesetzlicher Handlungsbedarf nötig war, hat schon vorher der Berliner Bankenprozeß gezeigt. Die Bank war zahlungsunfähig. Doch vor dem Zusammenbruch hatten sich die Herrn Aufsichtsräte noch eine mehrere Millionen schwere Abfindung genehmigt. Der Senat saß dann auf den Schulden, und der Steuerzahler durfte zahlen. Die Herrn Aufsichtsräte blieben unbescholten. Werden sozialen Leistungen zu Unrecht bezogen, so sucht der Gesetzgeber sofort nach Mitteln, die den mißbräuchlichen Nutzen sozialer Gesetze zukünftig verhindern sollen. Nun sollte man annehmen, daß die gewählten Vertreter eines 'sogenannten' Rechtsstaates, vor allem die Verantwortlichen im Justizministerium, nach diesem Vorfall gleichfalls ein Gesetz erarbeitet hätten, um künftigen Finanzraubrittern mit den weißen Westen das Handwerk zu legen. Doch nichts dergleichen wurde getan. So verlief denn auch der Prozeß gegen Ackermann und Konsorten wie das Hornberger Schießen. Die Frage, ob die für sich selbst beschlossenen Abfindungen recht oder unrecht waren, wurde nie zum Leitfaden der Verhandlung. Statt dessen wurde letztlich nur noch um die Höhe des zu zahlenden Bußgeldes gefeilscht. Das Bußgeld war dann auch so bemessen, das den Angeklagten nach Abzug aller Unkosten noch ein stattlicher Gewinn verblieb. Ansonsten aber gingen die Beklagten unbescholten aus dem Gerichtssaal, wie ausdrücklich festgestellt wurde. Dieses Urteil zwingt dann auch zum Nachdenken und wirft zwei Fragen auf.
Sehr geehrte Frau Zypries, in der Amtszeit ihrer Vorgängerin war ich Gast im Justizministerium. In einer Selbstdarstellung des Hauses wurde uns Gästen erklärt, daß es eine der Hauptaufgaben des Ministeriums sei, alle neuen Gesetze zu prüfen, ob sie mit der Verfassung im Einklang stehen. Ich fragte daraufhin, wie so es da den Argusaugen der Verantwortlichen im Justizministerium entgangen sei, daß viele Gesetze, die das Einkommen der Abgeordneten regeln, verfassungswidrig sind, wie Hans Herbert von Arnim geschrieben und wie es das Verfassungsgericht festgestellt hat. Sie erwiderte schnippisch, ja fast beleidigt, daß es nicht den Tatsachen entspräche. Diese Antwort empfand ich angesichts der Fakten als beschämend für das ganze Ministerium. In diesem Zusammenhang frage ich auch: Wie konnte ein Gesetzentwurf im Jahre 2001 das Justizministerium passieren, das besagt, daß die Witwe eines Abgeordneten, der nur einen Tag im Bundestag gesessen, eine zusätzliche Rente von 3000,- Mark erhalten soll. Eine Witwe, deren Mann ein Leben lang schwer gearbeitet, erhielt in gleicher Zeit nicht einmal die Hälfte dieser Zusatzrente. Im Grundgesetz aber heißt es doch: Vor dem Gesetz sind alle gleich! Haben da die Verantwortlichen im Justizministerium geschlafen oder - modern gesagt - ihren Blackout gehabt? Wir leben in einem Rechtsstaat, das betonen die Abgeordneten immer wieder. Ein schlechter Schlager kann zum Ohrwurm werden, wenn er oft genug im Radio geträllert wird. Ebenso ist es mit den Lügen in den Wahlkämpfen der Politiker. Doch allein die Tatsachen, daß in den Parlamenten, in denen es von Juristen nur so wimmelt, Gesetze zum eigenen Nutzen verabschiedet wurden, die verfassungswidrig waren, lassen mich fragen, ob die Herrn Abgeordneten mit ihrem Tun in diesen Fällen den Rechtsstaat nicht abgrundtief lächerlich gemacht haben? Und das unverständliche verfassungsrechtliche Denken und Tun der
Abgeordneten nimmt kein Ende. Inzwischen haben die schleswig-holsteinischen
Landtagsabgeordneten, die sechs Jahre lang bewußt und ungestraft
verfassungswidrige Gehälter bezogen haben, ihre Einkommen kräftig
erhöht und juristisch neu verpackt. Das Produkt dieses juristischen
Kunstwerks wird nun als Verfassungskonform gewertet, wie mir der Landtagspräsident,
Herr Kayenburg, geschrieben hat. Nur die Frage, wie die Erhöhung
der Abgeordneteneinkommen einerseits und die gleichzeitig direkten und
indirekten Kürzungen der Einkommen des kleinen Mannes anderseits,
mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar sind, die hat
er danach wohlweislich nicht beantwortet. Sehr geehrte Frau Zypries, wenn heute Politiker von einem Rechtsstaat
sprechen, und sie tun es recht oft, dann wird mir mit einem Seitenblick
auf die praktizierte Rechtsprechung und der Gesetzgebung oft bitter Übel.
Darum möchte ich Sie, als die gegenwärtig höchste Verwalterin
des deutschen Rechts, bitten, mir sachlich und mit einfachen Worten mitzuteilen,
in welchen Punkten meine Ausführungen unzutreffend sind. Ja, ich
wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich von den Zweifeln befreien
könnten, die mich quälen wenn ich das Grundgesetz auch nur in
Händen halte. Als schlichter Bundesbürger, der in den Jahren nach dem Kriege, durch harte Arbeit, knappen Lohn und vielen Entbehrungen dazu beigetragen hat, daß auf Schutt und Asche, das Erbe unserer Altvorderen, ein neuer Staat errichtet werden konnte, grüße ich herzlich, Ihr Heinz Rehn Dazu noch ein Vers (auch bei der Lyrik zu finden): Justitia Ein Unrecht war's, was ihm geschehen; Dir schenke ich all mein Vertrauen, Kein Reichtum kann dein Auge blenden, Der Arme rief die Geister wach, Und wieder sprach der arme Mann, Nun sag' mir wie man Rechte wägt, Noch leuchten mir die heil'gen Werte, Sie sagte nichts, wollt kein Disput, Die Waage und das Tuch zersprang, Entsetzt starrt' er den Torso an, "Nun seh' ich dich ohn' Glanz und Schein, Versteh' nun auch des Tuches Sinn, Mein Schreiben vom 08.Febr. 07 an das Justizministerium wurde am 06.03.07 beantwortet. Dieses Schreiben habe ich wie folgt erwidert: Kiel, den 20.03.07 Sehr geehrte Frau Zypries, 28.03.07 Diese Erwiderung an Frau Brigitte Zypries, Ministerin der Justiz, wurde nicht beantwortet. |
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